Sterne – ohne Arme und Beine
Wolken und Wasser und ein wenig vom erhofften Sternenstaub am Berliner Himmel - das waren die Rahmenbedingungen des diesjährigen Jubiläums der 10. Langen Nacht der Astronomie auf dem Tempelhofer Feld.
Die gute Stimmung ließen sich die Besuchenden dennoch nicht nehmen und warteten geduldig in langen Schlangen vor Teleskopen, um einen Blick auf einen Stern in einem kurzen Wolkenfenster oder einem zur Improvisation genutzten fernen Objekt zu erhaschen.
Eine entfernte Turmspitze mit all ihren Details 150 mal vergrößert rief Erstaunen hervor. So geht Fernrohr! „Wow“, „Wahnsinn“ und „die Turmspitze steht ja auf dem Kopf!“ hieß es gerade aus Kindermund. „Ja, man könnte das Bild umdrehen, aber für Sternengucker ist es nicht wichtig, wo im Weltraum oben und unten ist, ein Stern sieht auch auf dem Kopf gleich aus.“ versuchte ich es kindgerecht zu erklären.
Und mit der Begeisterung eines wachen Kindes folgte als Antwort der vielleicht schönste Satz des Abends:
„Ja! Weil Sterne keine Arme und Beine haben!“
Noch nicht, muss man sagen, denn dieser kleine wache Geist wird eines Tages zweifelsohne Sterne, die laufen können, bauen. Des Kaisers neues Fernrohr – Kindermund tut Wahrheit kund.
So schön kann Sternengucken bei Wolken und Regen sein.
Voller Geduld stand André Hartmann aus unserem Fördervein zusammen mit vielen anderen Sternenfreunden 9 Stunden lang auf dem Tempelhofer Feld bei Wind und Wetter bereit, um Interessierten das Wunder der Vergrößerung eines Teleskopes oder Sterne, die umeinander rotieren, zu zeigen.
Großes Interesse rief auch der Meteor-Horchposten unseres Mitglieds Frank Piorko hervor.
Das Signal einer terrestrischen Radarstation aus Frankreich zur Erfassung niedrig fliegender Satelliten wird mittels eines einfachen Dipol-Aufbaus empfangen und auf das Vorhandensein typischer Signaturen von Meteoren ausgewertet. Diese ionisieren in ihrem Eintrittskanal die Atmosphäre, die dadurch reflektiv wird und Radarsignale der Bodenstation wieder Richtung Erde wirft, was normalerweise bei Luft nicht der Fall ist.
Dieses Reflexionssignal ermöglicht so mittelbar Rückschlüsse auf das Vorhandensein von Meteoren, auch wenn diese optisch nicht zu sehen waren. Auf diese Weise können Meteorschauer indirekt auf einem Wasserfalldiagramm sichtbar gemacht werden.
Der technische Clou ist dabei eine kleine Box, in der die eigentliche Hardware nur noch auf ein Minimum reduziert ist und die Funktion technischer Regelkreise weitestgehend durch Software ersetzt wird. Vereinfacht ausgedrückt übernehmen Computerprogramme die Funktion von Bauelementen, die ein solcher Versuchsaufbau früher mit diversen Schaltkreisen, Transistoren, Spulen und Kondensatoren erfordert hätte. Alles ist nun in einer kleinen Box mit einer Hochleistungsgrafikkarte zum vergleichsweise kleinen Preis enthalten.
Und diese Horchbox des Onkels am Wäscheständer, der „Satelliten“ belauschen und sogar durch Wolken erkennen kann, wann Steine aus dem Weltraum auf die Erde fallen, fand sogar Anklang bei den kleineren Interessenten, die staunend auf das Diagramm mit der „kleinen blauen Träne“ und den vielen bunten Wellen schauten.
Populärwissenschaft zum Erleben und Anfassen – das fand Anklang. Ermöglicht durch beispielloses Engagement Vieler, die Laien komplexe Wissenschaft nahe bringen.
Dass am Ende die eigentliche Show wetterbedingt ausfiel, nahm ersichtlich niemandem die Freude am Event, unterlegt mit Wasserraketen, zauberhaft illuminierten Feen und Riesen und einem mobilen Planetarium auf den Weiten des Tempelhofer Feldes.
Text und Fotos: Remondo Dubbke
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