› Im Browser ansehen

 

Förderverein der Archenhold-Sternwarte
und des Zeiss-Großplanetariums Berlin e. V.

Newsletter 07/2020

 
 

Berlin-Treptow, 5.7.2020

Sehr geehrte Mitglieder des Fördervereins,

Auch in diesem Newsletter können wir Sie über Geplantes und Aktuelles aus dem Förderverein und den Arbeitsgemeinschaften informieren. Begeht doch unser Förderverein in diesem Jahr sein 30-jähriges Jubiläum! Aus den Arbeitsgemeinschaften wurden Beiträge über interessante Themen und Beobachtungen beigesteuert. Dafür herzlichen Dank.

Am Ende des Newsletters finden Sie einen Hinweis zu den Programmen von ASTW und ZGP.

 

Informationen des Fördervereins

30-jähriges Bestehen des Fördervereins der Archenhold-Sternwarte und des Zeiss-Großplanetariums Berlin e.V.

In schneller Reaktion auf den Wandel politischer Verhältnisse im Zuge der deutschen Wiedervereinigung durch Beitritt der DDR zur Bundesrepublik Deutschland wurde der gemeinnützige Förderverein der Archenhold-Sternwarte und des Zeiss-Großplanetariums Berlin e.V. am 27. November 1990 gegründet.

Archenhold-Sternwarte und Zeiss-Großplanetarium gehörten in diesem Zeitabschnitt zu den öffentlichen Kultureinrichtungen unter Neujustierung ihrer zentralen Aufgaben. Die vorherrschenden Umbruchereignisse waren politisch und zeitlich durch eine hohe Dynamik geprägt.

Vereinskultur nach bürgerlichem Recht zu entwickeln bedeutete, Neuland zu betreten. Aufbruchsstimmungen und das Bewusstsein, Bewährtes zur humanistischen und wissenschaftlichen Volksbildung zu erhalten, bewegte uns zu diesem Schritt. Uns, das heißt, astronomisch Interessierte, Amateurbeobachter, Mitglieder der Arbeitsgemeinschaften und freie Mitarbeiter.

Aber wir konnten aus der frühen Geschichte der Sternwarte lernen, deren Arbeit bereits vereinsgetragen war. Die Leitung der Sternwarte unterstützte uns von Anfang an, und so durften und konnten wir bruchfrei unsere Fördereinrichtungen mitgestalten. 30 Jahre unseres Bestehens reflektieren engagierte, ehrenamtliche Mitarbeit aller Vereinsmitglieder mit ihren Protagonisten vielfältiger Berufe, Neigungen und fachlicher Ausrichtungen. Dabei hat sich stets bewährt, dass aus persönlichen, scheinbar anmutenden “Spielwiesen” astronomischer Vorlieben im Zusammenwirken mit den Leitungen der Einrichtungen ein würdiges Gesamtbild für die Häuser geformt wurde und sich ungebrochen formt.

Über all dies will der Förderverein in seiner, nach derzeitigem, pandemiebedingten Stand am 27. November 2020 um 18 Uhr im Kleinen Hörsaal der Sternwarte geplanten Jubiläumsfeier Rechenschaft legen. Flankiert werden soll dies durch Grußbotschaften des langjährigen früheren Direktors der Einrichtungen, unseres Ehrenmitgliedes Herr Prof. D.B. Herrmann, und unsere aktuelle Vereinstätigkeit motivierend durch die Leitungen der Einrichtungen in der Stiftung Planetarium Berlin.

Für gewiss hochinteressante Begegnungen sorgt ein kleiner - natürlich ehrenamtlich bereitgestellter Imbiss.

Der Vorstand des Fördervereins lädt hiermit zu dieser Veranstaltung alle Vereinsmitglieder und Weggefährten sehr dankbar und herzlich ein.

 

Aus den Arbeitsgemeinschaften

Astronomie und Funk

Es gibt Amateur-Astronomen und Amateur-Funker. Beiden gemeinsam ist das Wort „Amateur“ im Namen, das leider immer häufiger in einem negativen Kontext verwendet wird. Sowohl in der Astronomie als auch im Funk sind die Amateure aber sehr versierte Fachleute auf ihrem Gebiet. Dave Herald, ein australischer Astronom, bemerkte hierzu, dass es nicht „Amateur-Astronomen“ heißen dürfte, sondern „unbezahlte Astronomen“ heißen müsste. Das Gleiche gilt selbstverständlich für die Funker.

Wo aber liegen nun die naturwissenschaftlichen Berührungspunkte von Astronomie und Funk? Bereits im Spektralbereich des sichtbaren Lichtes gibt es einige Teilgebiete, die für beide Gruppen von Interesse sind. Im Bereich der nichtoptischen Astronomie findet sich eine noch sehr viel größere Schnittmenge. Mit diesen Facetten der (Astro-)Physik beschäftigen sich eine Reihe von Versuchsaufbauten an der Archenhold-Sternwarte, die alle ehrenamtlich von Mitgliedern des Fördervereins betrieben werden.

Radioteleskop

Mit dem Radioteleskop wird seit 1991 das elektronische Grundrauschen der Sonne bei einer Frequenz von 11,6 GHz (Wellenlänge: 2,6 cm) beobachtet. In diesem Frequenzbereich kann z. B. der 11-jährige Sonnenfleckenzyklus beobachtet werden, da die gemessene Signalstärke in Korrelation zur Sonnenaktivität steht. Die Messung im 11,6 GHz-Bereich ist auch durch eine geschlossene Wolkendecke möglich, da Messdaten gewonnen werden können sobald die Sonne über dem Horizont steht.

Die Ereignisse auf der Oberfläche und im Inneren der Sonne, aber auch die von ihr ausgesandte Strahlung, sind für die Astronomen von Interesse, da die Sonne der Stern ist, der unserer Erde am nächsten steht und schon mit vergleichsweise geringem Aufwand zu beobachten ist.

Die Aktivität der Sonne hat auch einen unmittelbaren Einfluss auf die Ionisation der Erdatmosphäre. Die Ionisation der Erdatmosphäre ist entscheidend für die Ausbreitung der Funkwellen im Kurzwellen-Bereich. Deshalb wird die Aktivität der Sonne auch von den Funkern intensiv beobachtet.

SAM (Simple Aurora Monitor)

Hinter der Abkürzung SAM verbirgt sich der Simple Aurora Monitor (deutsch: Einfache Polarlicht-Überwachung). Hierbei handelt es sich um ein Magnetometer, dass Schwankungen im Erdmagnetfeld registriert. Der sogenannte k-Wert, der mit Hilfe von SAM ermittelt wird, gibt einen Hinweis darauf wie groß die Wahrscheinlichkeit ist, das bei dunklem und klarem Himmel Polarlichter beobachtet werden können.

Polarlichter sind sehenswerte Himmelserscheinungen, die durch Wechselwirkungen zwischen dem Sonnenwind und dem Erdmagnetfeld entstehen. Sowohl der Sonnenwind als auch das Erdmagnetfeld werden ständig von den Astronomen beobachtet.

Da elektromagnetische Vorgänge in der Erdatmosphäre bei der Entstehung der Polarlichter eine entscheidende Rolle spielen, beeinflussen Polarlichter auch die Ausbreitung von Funkwellen. Deshalb können die Funker, selbst wenn der Himmel bewölkt ist, über die Reflexion an den Polarlichtern funken.

SID

Die Abkürzung SID steht für Sudden Ionospheric Disturbance (deutsch: Plötzliche Störung der Ionospäre). Der SID-Monitor an der Archenhold-Sternwarte ist ein Teil einer weltweiten Beobachtungskampagne des Stanford Solar Center.

In der Erdatmosphäre entsteht in der Hochatmosphäre auf der Tagseite der Erde durch die solare Strahlung die sogenannte D-Schicht. An dieser D-Schicht werden Funkwellen im Bereich der Längstwellen reflektiert. Längstwellen werden unter anderem für die weltweite Kommunikationen mit U-Booten genutzt. Das Ansteigen der Empfangs-Feldstärke der Signale eines weit entfernten Längstwellensenders kann somit als Hinweis für eine steigende Sonnenaktivität genutzt werden.

Längstwellen werden nicht nur für die Kommunikation mit U-Booten genutzt, sondern können auch für den Funkverkehr in Höhlen eingesetzt werden. Ein Funksystem, das unter anderem dazu eingesetzt wird, um in Not geratene Menschen aus Höhlen zu retten, wurde von Funkamateuren entwickelt. Kommerzielle Anbieter hatten kein Interesse an der Entwicklung eines solchen lebensrettenden Systems, da nur sehr geringe Gewinne zu erwarten waren.

Kiwi-SDR

Der Kiwi-SDR ist ein Amateurfunk-Empfänger, der an der Archenhold-Sternwarte betrieben wird. Über den Link http://astw.proxy.kiwisdr.com:8073 kann jeder auf den Kiwi-SDR, bei dem es sich um ein sogenanntes Software Defined Radio (SDR) handelt, zugreifen.

Mit Hilfe des Kiwi-SDR lässt sich der Einfluss der solaren Strahlung auf die Erdatmosphäre über die resultierenden Änderungen bei der Ausbreitung der Funkwellen nachvollziehen. Ein Beispiel ist das 40 m-Band, wo dem Amateurfunk der Frequenzbereich von 7.000 kHz bis 7.200 kHz zugewiesen ist. Hier kann man am Tage hauptsächlich Stationen aus Deutschland und den Nachbarländern hören. Mit Einbruch der Dämmerung tauchen dann aber immer mehr Stationen aus weiter entfernen Regionen auf.

Meteorkamera

Diese Kamera, die auf dem Dach der Archenhold-Sternwarte installiert ist, zeichnet während der gesamten Nacht automatisiert Meteore auf. Die leuchtenden Spuren, die am Nachthimmel zu sehen sind, werden von Teilchen, die in die Erdatmosphäre eindringen, hervorgerufen. Diese Teilchen bewegen sich so schnell durch die Erdatmosphäre, dass sie das Gas ionisieren können. Wenn diese ionisierten Teilchen wieder zu neutralen Molekülen oder Atomen rekombinieren, dann wird Licht im sichtbaren Wellenlängen-Bereich frei.

Die ionisierten Teilchen der Atmosphäre sind nicht nur für die schön anzusehenden Meteore am Nachthimmel verantwortlich, sie können auch Funksignale reflektieren. Diese Eigenschaft ermöglicht es Meteorströme hörbar zu machen. Hierzu wird der Empfänger auf die Frequenz eines Senders, der unter normalen Umständen nicht hörbar ist, eingestellt. Wenn das Funksignal an diesem oben beschriebenen, ionisierten Gas reflektiert wird, dann wird der Sender für kurze Zeit hörbar. Die Funker sprechen von „Meteor-Scatter“.

Viele weitere Informationen zu den hier beschriebenen Experimenten sind auf der Internetseite des Fördervereins der Archenhold-Sternwarte und des Zeiss-Großplanetariums e.V. unter www.astw.de zu finden.

Martina Haupt

 

Expedition zu einer streifenden Sternbedeckung am 26.05.2020

Durch die Beobachtung der Bedeckungen von Sternen durch Himmelskörper des Sonnenensystems lassen sich sehr verschiedene Erkenntnisse gewinnen. Während in der Vergangenheit die Orts- und Zeitbestimmung das Ziel solcher Beobachtungen waren, können mit dem Einsatz moderner Detektoren zahlreiche Informationen über den bedeckenden Himmelskörper und/oder den bedeckten Stern gewonnen werden. Dies hat dem Thema Sternbeckungen auch den Ruf des „Schweizer Messers der Astronomie“ eingebracht. Einige dieser Beobachtungen lassen sich mit kleinen Instrumenten ausführen und haben einen hohen Bildungswert. Im Folgenden wird von einer erfolgreich ausgeführten Expedition zu einer streifenden Sternbedeckung berichtet.

Was ist eine streifende Sternbedeckung?

Der Mond bedeckt am Himmel mit einem nahezu kreisförmigen Himmelsausschnitt von ca ½° Durchmesser einen relativ großen Bereich. Der Schattenwurf des Mondes ist annähernd so groß wie der Mond, ist also ein Streifen von ca. 3400 km Breite auf der Erde bei einem zenitnahen Ereignis. Abhängig von der Höhe des Mondes über dem Horizont kann sich die Schattenzone verbreitern. Deshalb sind Sternbedeckungen durch den Mond zahlreich. Dabei sind relativ oft auch helle, einfach zu beobachtende Bedeckungen in überschaubaren Zeiträumen zu erleben. Bei einer Bedeckung eines Sterns durch den Mond mit eindeutig einmaligem Eintritt (Verschwinden des Sterns am Mondrand) und Austritt (Erscheinen des Sterns am Mondrand) sprechen wir von einer totalen Bedeckung.

Die Zeitpunkte für Ein- und Austritt werden auch als Kontakte oder Kontaktzeiten bezeichnet. Der erwähnte Schattenwurfdurchmesser ist die Zone der Sichtbarkeit einer totalen Bedeckung. Am Rand dieser Sichtbarkeitzone erleben wir Sternbedeckungen, bei denen der Mondrand mit seinen Bergen und Tälern über den Stern zieht, und mehrere Ein- und Austritte erfolgen können. Diese Ereignisse heißen streifende Sternbedeckungen. Die Abbildung verdeutlicht dies.

Streifende Sternbedeckung durch den Mond
schematische Darstellung

Schema einer streifenden Sternbedeckung

scheinbarer Weg des Sterns
(Stern ist sichtbar)
 

realer Mondrand
(Darstellung überzeichnet)

scheinbarer Weg des Sterns
(Stern ist nicht sichtbar)
 

mittlerer Mondrand

Naturgemäß kann eine Sternbedeckung für einen Ort total sein, jedoch für einen anderen Ort auf der Erde streifend beobachtet werden. Die Kante des Schattenwurfgebietes wird Grenzlinie genannt. Um eine streifende Sternbedeckung zu beobachten muss man sich also auf eine Beobachtungsposition auf die Grenzlinie begeben, also auf Expedition gehen. Obwohl theoretisch jede Sternbedeckung durch den Mond „irgendwo“ streifend ist, ist die Zahl der beobachtbaren streifenden Sternbedeckungen gering. Die „Streifung“ muss am nicht beleuchteten Rand des Mondes erfolgen, um den Stern vom Mond zu unterscheiden. Expeditionen zu streifenden Sternbedeckungen sind u.a. auch auf dem Programm der Astronomischen Arbeitsgemeinschaft. Um die genauen Berghöhen und Taltiefen am Mondrand zu bestimmen, müssen möglichst viele Beobachter in Abständen zur Grenzlinie positioniert sein. Nachdem am 3. Mai erneut schlechtes Wetter eine Expedition vereitelte, beschloss der Unterzeichnende dem Expeditionsaufruf von Dr. E. Bredner im „Journal für Astronomie“ zu folgen. Dr. Bredner konnte 2 Beobachtungsgruppen für die Sternbedeckung von SAO 79663 am 26. Mai des Jahres mobilisieren. Zwei Beobachter beobachteten im Raum München und Dr. Bredner und der Autor beobachteten im Bergischen Land. Das Video der Beobachtung zeigt das 7-malige Verschwinden und Auftauchen des Sterns. Die so gewonnenen 14 Kontaktzeiten werden gemeinsam mit den anderen Beobachtungen ausgewertet und führen zu einer Verbesserung des uns bekannten Mondrandprofils. Bei Interesse an solchen Beobachtungen hilft der Autor gern mit weiteren Informationen.

Konrad Guhl, Astronomische Arbeitsgemeinschaft
Text und Abbildung aus „Veröffentlichungen der Archenhold-Sternwarte“ Nr. 9/2020

 

Jahrestag

“Ich fand durch Zufall, daß die Strahlen durch schwarzes Papier drangen.”

125 Jahre Entdeckung der X-(Röntgen-)Strahlung

Die Erfolgsgeschichte

1838 hatte Michael Faraday bemerkt, dass elektrische Funken in Röhrenanordnungen unter Atmosphärendruck beim Evakuieren in ein Glimmen übergehen. Die Perfektionierung der Gasentladungsröhren gelang durch Fortschritte der Vakuumtechnik, der Glasbläserkunst und der Entwicklung von Hochspannungstransformatoren. Hittorf arbeitete mit der von Geissler 1857 erfundenen Quecksilberpumpe, die Vakuum von 10-6 Atmosphären ermöglichte. In den 1860er-Jahren wurden mit Plücker-Spektren verschiedene Gase untersucht. Es stellte sich heraus, dass identische Gase unterschiedliche Spektren zeigen, was zunächst durch elektrischen Strom entstehender Wärme zugeschrieben wurde.

Gasentladungsröhren waren in den letzten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts wegen ihrer geheimnisvollen Leuchterscheinungen übrigens auch beliebte Attraktionen in Varieté-Theatern.

Hittorf beschäftigte die Frage, wie sich Elektrizität in Gasen ausbreitet. Der durch Daniel Rühmkorff erfundene Funkeninduktor zur Erzeugung von Hochspannungen war ebenfalls ein Meilenstein in der experimentellen Entwicklung der Gasentladungsphysik, um die „Strahlen des Glimmens“ zu erforschen (1876 führte Eugen Goldstein die Bezeichnung „Kathodenstrahlen“ ein.) Es manifestierte sich, dass sie sich geradlinig ausbreiten und beim Auftreffen auf die Röhrenglaswand Fluoreszenz erzeugen, und dass eine Metallfolie im Strahlengang Schatten wirft.

So kam Hittorf zu der Vermutung, dass „das Glimmen offenbar der Prozess ist, wodurch der Übergang des Stromes aus den Teilchen des gasförmigen Mediums in die der […] Kathode vermittelt wird“. Die von der Kathode kommenden „Strahlen des negativen Lichtes“ erklärte er als elektrische Ströme. Denn Plücker hatte bereits nachgewiesen, dass sie im Magnetfeld abgelenkbar sind. Hittorf vermutete, dass es auch eine Leitung durch „positives Licht“ gebe, analog der Ionenleitung in Elektrolyten. Seine Vorhersage, dass Arbeiten zur Physik der Gasentladungen „die moderne Physik von ihren letzten Imponderabilien“ befreien würde, ließ ahnen, dass die Physik an einem Übergang stand, auch wenn er zu dessen weiterer Gestaltung nicht mehr mitwirkte.

Es wäre verwunderlich, hätte sich Wilhelm Conrad Röntgen, Professor für Physik und seit 1894 Rektor der Universität Würzburg, nicht ebenfalls eingehend mit dem Bereich der Physik auseinandergesetzt, der gegen Ende des 19. Jahrhunderts als besonders faszinierend galt: Elektrische Ströme in Glasgefäßen, aus denen die Luft weitgehend herausgepumpt ist. Wilhelm Conrad Röntgen verwendete für seine Versuche eine von August R. Raps weiterentwickelte Pumpe. Zweifelsfrei ist nicht überliefert, wie Röntgen zu seiner bahnbrechenden Entdeckung der später nach ihm benannten Strahlung gelangte. Belgbar ist, dass er für seine Versuche Röhren der Fa. Müller-Unkel nach Hittorf und von Philipp Lennard einsetzte. Wilhelm Conrad Röntgen nahm systematisch diese Erkenntnisse auf und experimentierte mit sogenannten Hittorf‘schen-, Crookes‘schen-, Lenard‘schen- und ähnlichen Röhren, um Kathodenstrahlen zu untersuchen. Diese Röhren bestehen in ihren Grundformen aus einer Kathode und Anode, die in einem evakuierten Glaskörper eingeschmolzen sind. Durch eine angelegte Hochspannung werden Elektronen von der Kathode zur Anode beschleunigt. Beim Auftreffen der Elektronen auf die Anode bzw. die Glaswand entstehen dann die von Röntgen entdeckten X-Strahlen.
Die in diesen Röhren erzeugten Elektronenströme beobachtete auch er mit Fluoreszenzschirmen, die aufleuchten, wenn sie von einem Elektronenstrahl getroffen werden. Die entscheidende Entdeckung gelang am 8. November 1895. Anzunehmen ist, dass er systematisch unterschiedlich hohe elektrische Spannungen an seine Hittorf-Röhre anlegte und bei höheren Spannungen ein grünliches Leuchten an der Glasinnenwand beobachtete.

Röhre

Röhre von W. C. Röntgen mit aufgeklebten Bleistreifen
Bildquelle: Deutsches Museum

X-Strahlen

Dass nun ein Fluoreszenzschirm auch merklich außerhalb der Röhre aufleuchtete, ist wohl der goldenen Zufallsbeobachtung zuzuschreiben. Röntgen distanzierte den Leuchtschirm von der Röhre, und dieser leuchtete noch immer. Gewöhnliche Elektronenstrahlen besitzen in Luft nur eine geringe Reichweite von wenigen Zentimetern, und so musste es eine neue Art von Strahlung sein, die den Schirm zum Leuchten anregt. Möglicherweise hat er umgehend seine Hand zwischen Röhre und Schirm gebracht und dabei undeutlich seine Handknochen gesehen, überraschend und unheimlich. Seine Gedanken hat er zunächst für sich behalten. Röntgen erschienen diese Beobachtungen so unwirklich, dass objektiv und unumstößlich, wiederholbare Nachweise der Erscheinungen durch photographische Technik zu erbringen sind - die berühmten Schwärzungen durch die neuen "X-Strahlen". Röntgen gelangen Fotos seiner durchleuchteten Labortür, seines Jagdgewehrs, seines Gewichtssatzes und am 22. Dezember 1895 der Hand seiner Frau. All dies beweisend, dass "X-Strahlen" tatsächlich existieren.

Hand

Hand von Frau Röntgen,
aufgenommen 22. Dezember 1895
Bildquelle: Deutsches Museum

Mit speziellen Anordnungen konnte er deren Grundeigenschaften bestimmen: Die Durchlässigkeit durch verschiedene Materialien mit unterschiedlichen Dicken. In der Bleiplatte neben der Röntgenröhre wurde eine Öffnung angebracht, vor der er verschiedene Materialien unterschiedlicher Dicken, z.B. von Aluminium anordnete.

Wie funktionierte der Versuch? Mit Akku, Unterbrecher und Funkeninduktor werden in der Röhre Röntgenimpulse erzeugt. Ein Teil der Röntgenstrahlung fällt durch das Loch in der Bleiwand und durchquert die elektrische Kondensatoranordnung. Vor Beginn des Versuches ist dieser aufgeladen. Die Röntgenimpulse ionisieren die Luft zwischen den Kondensatorplatten und entladen ihn dadurch allmählich mit der Zeit. Die Zahl der Röntgenimpulse bis zur vollständigen Entladung ist ein Maß für die Durchlässigkeit des Probematerials vor der Blende.

Als erste berichtete Anfang 1896 die Wiener „Presse“ über die mysteriösen, unsichtbaren Strahlen, die fast jede Materie durchdrangen. Über Telegraphenleitungen verbreitete sich die Nachricht von ihrer Entdeckung durch den deutschen Physiker Wilhelm Conrad Röntgen.

Der erste Nobelpreis für Physik

Das Knochengerüst des menschlichen Körpers sichtbar zu machen, erregte verständlicherweise gewaltiges Aufsehen. Ärzteschaften erahnten neue Diagnosemöglichkeiten, und Tageszeitungen die Steigerung ihrer Verkaufszahlen mit diesem schaurigen Thema. Zahlreiche Ehrungen Röntgens, ihm schmeichelnd und auch unangenehm berührend. Kaiser Wilhelm II. und lud ihn zu einer Vorführung seiner "X-Strahlen" am 14. Januar 1896. Ein weiterer Ritterschlag mit bester Reklamewirkung.

Konrad Röntgen

Wilhelm Conrad Röntgen (1845-1923)
Bildquelle: Deutsches Röntgen Museum

Amerikanische Firmen boten Röntgen Millionengeldbeträge für die Auswertung seiner Entdeckung: Er blieb Idealist, verzichtete auf ein Patent und stellte die Nutzung zum Wohle der Menschheit frei. Röntgen erhielt 1901 den ersten Nobelpreis für Physik für "Die (Entdeckungen, die) im verfloßenen Jahr der Menschheit den größten Nutzen gebracht haben" - Nobels Testament gebührend.

Was physikalisch dahinter steckt

Während die Entstehung des Lichtes in den äußeren Gebieten der Atomhülle verursacht wird, erfolgt die Generierung von Röntgenstrahlen in den inneren Schalen der Atomhüllen von chemischen Elementen hoher Ordnungszahlen des Periodensystems. Dazu ist erforderlich, dass Elektronen aus einer solchen Atomschale entfernt werden.

Dies erfolgt bei extrem hohen Temperaturen durch Zusammenstoß von Atomen oder wenn das betreffende Atom mit anderen Teilchen - z.B. Elektronen - beschossen werden. Daher gehen unter Normalbedingungen von Atomen keine Röntgenstrahlen aus. Technisch werden sie z.B. in speziellen Röntgenröhren erzeugt. Röntgenstrahlung wird dabei durch Abbremsung schneller (d.h. energiereicher) Elektronen an der Anode gebildet. Solcherart gewonnene Röntgenstrahlung wird auch als auch Bremsstrahlung bezeichnet.

Röntgenstrahlung entsteht also, wenn Elektronen hoher kinetischer Energie schlagartig abgebremst werden oder ihre Bewegungsrichtung ändern. Es entstehen Röntgenlinien, ähnlich wie beim Linienspektrum im sichtbaren Bereich des Lichtes in den Hüllen der Atome.

Das Spektrum von Röntgenstrahlung beginnt unterhalb extremer UV-Strahlung bei Wellenlängen um 10 nm (überweiche Röntgenstrahlung) und reicht bis 5 pm (überharte oder hochenergetische Röntgenstrahlung). Die Energiebereiche der Gamma- und Röntgenstrahlung überschneiden sich in einem weiten Bereich. Beide Strahlungsarten sind elektromagnetische Strahlung und zeigen bei gleicher Energie gleiche Wirkungen. Unterscheidungskriterium ist die Herkunft: Röntgenstrahlung entsteht im Gegensatz zur Gammastrahlung nicht bei Prozessen im Atomkern, sondern durch hochenergetische Elektronenprozesse. Das in Röntgenröhren erzeugte Strahlungsspektrum ist eine Überlagerung von kontinuierlichem mit diskretem Spektrum. Die Lage des Intensitätsmaximums hängt von der Betriebsspannung der Röhre ab. Photonen aus Röntgenröhren haben eine Energie von 1 keV bis 250 keV.

Grundeigenschaften der Röntgenstrahlung und wissenschaftlicher Input

Röntgenstrahlung besitzt charakteristische Eigenschaften, die für ihre technische Anwendung, Detektion und astrophysikalische Interpretation - aus den Tiefen des Universums stammend - bedeutsam sind:

  • Röntgenstrahlung und ihre Röntgenquanten besitzen eine erheblich größere Energie als sichtbares Licht. Sie wirken ionisierend und schädigen biologisches Material.
  • Sie besitzt ein hohes Durchdringungsvermögen und wird durch verschiedene Stoffe unterschiedlich absorbiert.
  • Röntgenstrahlung schwärzt u.a. Filme und Fotoplatten.
  • Röntgenstrahlung wird z.B. an Kristallen gebeugt und ist interferierend.
  • Die Entwicklung der Kern- und Quantenphysik erfuhr mit der Erstentdeckung dieser Strahlung einen gewaltigen Schub; aber wie oben ausgeführt: Angefangen hat es mit der Untersuchung elektrischer Gasentladungen.

Übrigens: Unsere Volkssternwarte stellt bis heute historisch bedeutsame Experimente in ihren öffentlichkeitswirksamen Projekten dar, wie ihr historischer und gegenwärtiger Verein belegen. Dies ist eine andere Geschichte, die z.B. im Newsletter gewiss noch detailliert dargestellt wird.

Ausstellungen und Experimente im Vortragssaal des Altbaus der Sternwarte

Ausstellungen und Experimente im Vortragssaal des Altbaus der Sternwarte
Bildquelle: Verein von Freunden der Treptow-Sternwarte

Meyer, W.: Die Röntgenstrahlen.
In: Das Weltall. Illustrierte Zeitschrift für Astronomie und verwandte Gebiete.
Herausgegeben von F.S. Archenhold, Direktor der Treptow-Sternwarte, 3. Jahrgang, Oktober 1902 – September 1903, 7. Heft 1903 Januar 1. Seiten 81 – 87,
https://www.astw.de/publikationen/weltall/

Jürgen Rose, Juli 2020

Literaturhinweise

 

Programme

Derzeit keine Programmhefte

Eine Nachfrage zum Veranstaltungsprogramm der Stiftung Planetarium ergab, dass die Einrichtungen bis auf Weiteres geschlossen bleiben müssen. Zur Zeit geht man davon aus, dass die Archenhold-Sternwarte zum 1. August wieder öffnet. Die Programmhefte werden ca. Mitte Juli auf der Homepage eingestellt. Da sich die Situation allerdings jederzeit ändern kann, sind alle Veranstaltungsankündigungen unter Vorbehalt.

Sie finden die aktuellen Programme üblicherweise auf diesen Webseiten der Stiftung Planetarium Berlin:
https://www.planetarium.berlin/archenhold-sternwarte#besucherinformationen
https://www.planetarium.berlin/zeiss-grossplanetarium#besucherinformationen

Also: Bei Interesse an einer Veranstaltung bitte unbedingt kurz vorher noch einmal anrufen oder auf der Homepage informieren.

 

Abschließend wünschen wir – trotz mancher Einschränkungen – eine schöne Sommerzeit, gute Erholung allen Urlaubern und interessante Beobachtungen und Erlebnisse.