Förderverein der Archenhold-Sternwarte
und des Zeiss-Großplanetariums Berlin e.V.

Andreas Heidenreich

Digitale Astrofotografie

1 Einführung in die Techniken

1.6 Nachführung des Teleskops bei Himmelsaufnahmen

Man unterscheidet zwei Haupttypen von Teleskopmontierungen, die altazimutale und die äquatoriale (parallaktische) Montierung.

Bei der altazimutalen Montierung (Abb. 8) ist eine Achse parallel und die andere senkrecht zur Erdoberfläche ausgerichtet. Bei der äquatorialen Montierung (Abb. 9) ist eine Achse parallel und eine senkrecht zur Erdachse ausgerichtet. Die äquatoriale Montierung ist aus folgenden Gründen viel besser für astronomische Beobachtungen geeignet:

  1. Das Teleskop ist nach Himmelskoordinaten ausgerichtet, den Längen- und Breitengraden (Rektaszension und Deklination) der Himmelskugel. Objekte sind dadurch viel leichter auffindbar.
  2. Um die Erddrehung auszugleichen, ist eine langsame Drehung des Teleskops um nur eine Achse erforderlich, und zwar um die Rektaszensionsachse, die parallel zur Erdachse ist.
  3. Im Unterschied zur altazimutalen Montierung wird eine Rotation des Bildfeldes, die eine Folge der Erdrotation ist, vollständig vermieden. Da sich die Bildfeldrotation schon innerhalb einer Minute bemerkbar macht, würde die Belichtungszeit ohne eine äquatoriale Montierung entsprechend begrenzt werden.

Die altazimutale Montierung wird durch eine Polwiege in eine äquatoriale Montierung überführt. Eine Polwiege ist eine kippbare Metallplatte, die zwischen Stativ und Teleskop gesetzt wird (Abb. 9). Der Neigungswinkel zur Erdoberfläche ist identisch mit dem Breitengrad des Beobachters.

Auch bei anspruchsvollen Amateurteleskopen ist die Nachführung selbst bei genauer Ausrichtung der Rektaszensionsachse ungenau und erlaubt ohne weitere Maßnahmen in der Regel kaum Belichtungszeiten über 30 Sekunden. (Wie stark sich Nachführungenauigkeiten bemerkbar machen, hängt natürlich von der Brennweite bzw. der Vergrößerung des Teleskops ab. Je länger die Brennweite, desto mehr wird die Ungenauigkeit im Bild sichtbar.) Grund ist die ungenaue Ausführung des Schneckengewindes, die zu periodischen Gangabweichungen ("periodischer Fehler") führt. Periodisch deshalb, weil immer, wenn das sich drehende Schneckengewinde dieselbe Orientierung annimmt, dieselbe Abweichung von der korrekten Nachführgeschwindigkeit auftritt. (Rotationsperioden des Schneckengewindes liegen bei einigen Minuten.) Als Ergebnis sind viele Einzelaufnahmen verdorben, weil auf ihnen die Objekte in Rektaszesionsrichtung langgezogen (Sterne zu Strichen verschmiert) sind. Gängige Maßnahmen zur Abhilfe sind:

  1. Durch die digitale Astrofotografie an sich wird das Problem bereits teilweise entschärft, denn eine einzige Aufnahme mit langer Belichtungszeit kann durch die Summe bzw. den Mittelwert vieler Einzelaufnahmen mit kurzer Belichtungszeit ersetzt werden. Die schlecht geratenen Einzelaufnahmen werden dabei aussortiert.
  2. Manuelle Korrektur. Es wird ein weiteres Teleskop ("Leitrohr") mit Fadenkreuzokular huckepack aufgesetzt, durch das ein Leitstern während der Belichtung beobachtet wird. Beim ersten Anzeichen einer Abweichung wird dann der Motor manuell nachgeregelt. Man sollte eine hohe Vergrößerung beim Leitrohr einsetzen, damit man Gangungenauigkeiten frühzeitig bemerkt.
  3. Automatische Korrektur (Autoguiding). Mit einer zweiten CCD wird durch ein Leitrohr fortwährend ein Leitstern mit kurzer Belichtungszeit aufgenommen. Die CCD-Software steuert dann das Teleskop so, dass der Leitstern auf Position gehalten wird. Manche astronomische CCDs haben auch einen zweiten Chip im Kameragehäuse neben dem Hauptchip speziell für Autoguiding, sodass der Leitstern durch das Hauptrohr verfolgt werden kann. Ein Leitrohr entfällt dann.
  4. Training des Teleskopcomputers. Viele Teleskope mit eingebauten Computern erlauben es, die Computersteuerung des Nachführmotors zu trainieren. Hierzu wird ein Leitstern mit einem Fadenkreuzokular hoher Vergrößerung über mehrere Perioden des Schneckengewindes beobachtet. Währenddessen wird der Stern mit der Handsteuerung im Fadenkreuz gehalten. Der Teleskopcomputer zeichnet die manuellen Korrekturen auf und benutzt sie danach permanent zum Ausgleich der Gangungenauigkeiten.


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